Klatsch und Tratsch

Ein Pündericher in Nigeria – keine gute Nachricht

Im Anschluss an Ein Pündericher in Nigeria – Aufruf zur Hilfe hat Stefan Mertes leider nur in Teilen Gutes zu berichten.

Ein Pündericher in Nigeria
Ein Pündericher in Nigeria Teil II
Ein Pündericher in Nigeria Teil III
Ein Pündericher in Nigeria Teil IV
Ein Pündericher in Nigeria Teil V
Ein Pündericher in Nigeria Teil VI
Ein Pündericher in Nigeria Teil VII
Ein Pündericher in Nigeria Teil VIII

Danke meine Freunde,

Ich muss euch sagen, dass wenn ich meinen Glauben an Hilfsbereitschaft und Mitgefühl in der deutschen Gesellschaft auch ein Stück weit verloren hatte, bin ich spätestens jetzt vom Gegenteil überzeugt. Ich kann es immer noch nicht fassen, was meine kleine Nachricht an euch für eine Welle von Sorge und vor allem Hilfe ausgelöst hat. Ich habe eine gute Nachricht an euch. Wir haben, ihr habt es geschafft! Das Geld kam innerhalb von drei Tagen komplett zusammen. Ihr habt also wirklich alles gegeben und es geschafft ca. 2400 Euro, nämlich 532000 Naira unter einer Woche zu sammeln und mir zu schicken. Ich bin sehr gerührt und sehr stolz, jetzt sogar einen Beweis dafür zu haben, was für tolle Menschen mich nach meiner Rückkehr erwarten werden.

Leider habe ich aber auch eine schlechte Nachricht, die mich am Sonntag erreichte. Als die Kirche für diesen Morgen vorbei war, traf ich mich mit meinem engsten Freund Moses um nach Enugu zu fahren um nach Chidi zu sehen. Es kam mir komisch vor, denn Moses lag auf seinem Bett und machte keinerlei Anstalten aufzubrechen. Als dann Ikechukwu, ein anderer Freund reinkam, einige Telefongespräche machte und mir danach erklärte, das Chidi tot sei, konnte ich Moses verstehen. Wir alle waren am Ende und für mich war es einfach nicht greifbar. Ich hatte mir doch immer eingeredet: „Wenn ich das Geld bekomme wird er wieder gesund.“ Jetzt war aber folgendes passiert: Ich hatte alles Geld zusammen und es wartete in Enugu auf der Bank auf mich, aber Chidi war Tod. Ich war ehrlich gesagt einfach verwirrt, weil das für mich einfach so unglaublich paradox schien.

Chidi Nwali (28) erlag am Morgen des 12ten Junis 2011 in Enugu seinen schweren Kopfverletzungen, nur einen Tag bevor ich in Enugu das Geld abholen und zu ihm bringen konnte. Sonntags haben die Banken geschlossen und so wollte ich heute, am 13.6. auf die Bank um das Geld dann auf dem schnellsten Wege ins Krankenhaus zu bringen.

Chidi fuhr am neunten Juni nach einem Meeting der Jugendorganisation des Bistums, in der er einer der Vorsitzenden war, einen Freund mit dem Motorrad nach Hause und verunglückte auf dem Rückweg zu seinem Elternhaus. Zum Glück waren Leute in der Nähe, die ihn sofort ins nächste Krankenhaus brachten. Da angekommen und aufgenommen, sagten die Ärzte, dass sie ihn nicht behandeln könnten, da sie für solche Fälle nicht entsprechend ausgerüstet sind. Er wurde also in diesem kritischen Zustand in eine bessere Einrichtung überwiesen. Da angekommen wurde ein CT gemacht und festgestellt, dass es schwere Kopf- und Hirnverletzungen gibt, die aber nicht unbedingt (also bei guter Behandlung) zum Tode führen müssen.

Alle sammelten Geld um ihn zu unterstützen und ihn versorgen zu lassen. Leider war das Geld nicht genug, worauf ich euch ins Spiel brachte. Während unsere Sammelaktion noch in vollem Gange war wurde Chidi zurückverlegt in das erste Krankenhaus, weil das Geld ausgegangen war. Irgendwie schafften sie es aber die Ärzte davon zu überzeugen ihn wieder zurückzuholen und weiter zu behandeln, mit dem Versprechen, dass das Geld kommen würde. Mittlerweile war es Sonntag der 13te Juni und das Geld wartete in Enugu darauf bei Öffnung der Bank abgeholt zu werden. Chidi wurde wieder an diesem Morgen dann zum dritten Mal verlegt und überlebte diesen letzten Transport nicht.

Ich muss euch jetzt noch etwas fragen. Für mich ist es natürlich verständlich wenn diejenigen, die schon gespendet haben, ihr Geld zurückhaben wollen, da sich die Gründe für die Spende ja leider erübrigt haben. Ich bitte euch in diesem Falle mir eine E-Mail () mit euren Kontodaten zu senden, damit ich das mit meiner Mutter und Schwester in Angriff nehmen kann. In dem Falle, dass Geld übrigbleibt, würde ich es dazu benützen, die bisher angefallenen Schulden der Familie bei den zwei Krankenhäusern zu begleichen, da die Familie von Chidi sich auch so schon hoch verschulden musste.

Ich habe mir auch überlegt, dass wenn danach noch etwas übrig bleiben sollte, ich einen Teil der Begräbniskosten trage, denn wie ihr vielleicht wisst, ist eine Beerdigung nicht gerade billig. Ich hoffe, dass dazu genug Geld zurückbleiben wird. Falls sich die meisten dazu entscheiden würden ihr Geld mir zu überlassen, wird der Rest des Geldes an das Bistum gehen, besser gesagt an den Bischof, mit der Aufforderung, es dazu zu benutzen Menschen zu unterstützen, die ihre Krankenhausrechnung nicht bezahlen können. Ich spreche in diesem Fall hauptsächlich von alleinstehenden Frauen, die z.B. das Geld für eine Entbindung nicht tragen können und so die ersten Wochen mit ihrem Kind im Krankenhaus verbringen müssen, da sie aufgrund der Schulden nicht entlassen werden. Ich hatte als ich das letzte Mal wegen Malaria in einem Krankenhaus war, einige dieser Frauen kennengelernt. Es ist wirklich nicht schön, was diese Frauen, deren Männer abgehauen oder gestorben sind, durchstehen müssen.

Eine Sache ist da noch. Ich hoffe, dass nicht alle ihr Geld wiederhaben wollen, denn ich werde morgen nach Enugu fahren und die Krankenhausrechnungen auf mein eigenes Risiko hin zu bezahlen. Das bedeutet, wenn dazu nicht genügend Geld übrig bleiben sollte, werde ich das aus eigener Tasche bezahlen müssen. Ich will und muss das sofort tun, da das Krankenhaus den Körper Chidis nicht an die Familie aushändigt, solange noch Schulden zu bezahlen sind. Kranke Welt!

Ich möchte mich nochmal in meinem Namen und im Namen meiner Freunde, sowie im Namen von Chidi bei euch bedanken, ihr habt wirklich eine ganz tolle Sache geschafft und das es jetzt so ausgegangen ist, ist wirklich nicht einfach für uns, die wir uns hier gerade die Köpfe darüber zerbrechen, wie wir die Beerdigung bezahlen. Ich bin aber trotzdem Stolz so mitfühlende und gütige Freunde, Verwandte und auch „nur“ Mitmenschen in Deutschland gefunden zu haben!

Ich wünsche euch eine gute Woche.

Euer Steph

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