Klatsch und Tratsch

Pündericher Briefe Teil 18

Am 16.8.1944 schreibt Katharina Buhs, Mutter von Alfons Buhs an ihren Sohn, eine Woche vor seinem Tod. Er ist in Frankreich an der Atlantikküste als Signalgast auf einem Minensuchboot eingesetzt.

Alfons Buhs ist der Bruder von Gretchen Buhs (später Gretchen Pauly) und Maria Buhs (später Maria Klaes). Zeichensetzung und Rechtschreibung wurden korrigiert, Alte Rechtschreibung wurde
unverändert übernommen. Korrekturen und Ergänzungen wurden in eckige Klammern […] gesetzt.

Pünderich, den 16.8.1944

Mein lieber Junge Alfons !

Herzliche Abendgrüße aus unserer Küche und aus
der lieben Heimat sendet Dir in später Stunde
Deine Mutter. Mein lieber Alfons, wie geht es Dir
denn noch, hoffentlich gut, den Verhältnissen nach.
Wir sind auch Gott sei Dank noch gesund. Das Korn
haben wir alle abgemacht. Es gibt nicht viel Korn
aus dem Rott, weil die Schweine so viel ausgestoßen
haben. Nun wir werden doch zum Leben genug haben. Hoffent-
lich gibt es viel Kartoffeln. Das wäre alle[s] gut zu
verschmerzen, wenn nur der Krieg zu Ende ginge bald,
und das[s] [Du] und die anderen Soldaten wieder glücklich nach
Hause kommen würdet. Dann wäre bald alles wieder
vergessen, was Ihr ausgehalten habt. Wenn Du lieber
Alfons wüßtest, wie wir in Bange und Sorge sind um
Dich. Wir thun alles gerne und halten gerne alles aus,
wenn wir uns nur wieder gesund wiedersehen, das walte
Gott. Mit Spritzen sind wir die vorige Woche fertig
geworden und heute war Gretchen mit Emil [*] in den
Weinberg rühren. Es ist so hart und überall furchtbar
viel Kraut in den Weinbergen, Es brauch[t] sich keiner
vor dem andern zu schämen, denn die meisten Weinberge
sehen so aus. Die Leute sagen, man könnte das Vieh
weiden schicken in den Weinberg, Einige Leute, die Helfer
haben, sind schon am Krummet dürr zu machen, und die
Dreschmaschine hat heute angefangen mit Korn zu maschinen.

– 2 –

Die meisten Leute haben nicht viel Interesse an der
Arbeit, dann sagen sie, eine Bombe hat fast alles erledigt
und wer weiß, ob wir etwas zu ernten bekommen. Wir
wollen alles dem lieben Gott überlassen, was er mit
uns for [vor] hat. Gestern sind Bomben gefallen in Klotten
bei Kochem, 3 Tode [Tote] und viel Verletzte und viel
Häuserbrände und Schäden. Jetzt laufen die Leute alle in
den Keller und suchen Schutz. Die Kinder sollst Du
einmal sehen, wie aufgeregt. Wir gehen bei Walter
Lenz in den Keller und noch so verschiedene. Gretchen zieht
von Dir eine Hose an, wenn wir in den Keller müssen.
Die Leute sind jetzt viel ängstlicher, seit neulich die
vielen Bomben hier fielen. Bei Albert Schmitz (Lang)
in der Kurdel seinem Hause ist eine Bombe in Paul
Siweris seinen Garten gefallen und wie viele in den
Weinberg; die suchen die Bullayer Brücke. Eine Zeitlang
ist der Zug nicht über die Brücke gefahren, denn die Brücke
war etwas beschädigt. Es ist wie ein Wunder, das[s]
niemand tot ist geblieben, wo so viele Leute im
Felde und im Weinberge waren. Man hatte gemeint,
das ganze Dorf würde brennen. Die meisten Häuser
haben etwas mitbekommen. In unserm Schlafzimmer
ist viel Verputz von der Decke herunter gekommen,
und Fenster kaput[t], ganze Schlößer [Schlösser] aus den Türen her-
raus. Es hat gut gegangen. Nun genug davon. Behüt Dich
Gott. Auf frohes Wiedersehen in der lieben Heimat. Und für
Gott befohlen, Gott schütze Dich. Das ist unser einziges Gebet, am
Morgen, am Tage und bei Nacht, den ganzen Tag unser aller Gebet.

[Nachtrag zum Briefende]

[Seite 1 (oben links)]:
Indem ich nochmals alles
alles Gute wünsche und viele
Grüße von Allen und
besonders von Deiner
Dich liebenden und
nur um Dich ban-
genden
Mutter.

[Seite1 (oben rechts)]:
Entschuldige die
schlechte Schrift.

Anmerkung: [*] Emil war ein französischer Kriegsgefangener aus Nancy.
Die Kriegsgefangenen waren im Saal des Gasthauses Schneiders – heute Kühn´s Weinschenke, Marienburgerstraße – untergebracht.


In bestimmten Abständen werden diese Briefe von Pünderichern veröffentlicht, die das Leben und die Geschehnisse unseres Dorfes in der Vergangenheit zum Inhalt haben. Wir möchten Euch Interessantes über unsere eigene Vergangenheit bieten und gleichzeitig weitere Mitbürger dazu anregen, mit eigenen Beiträgen die Serie zu bereichern und um ihr Kontinuität zu verleihen.

Gleichzeitig bietet sich für uns alle dadurch die Gelegenheit, Wissen und Dokumente, die vielleicht in der nächsten Generation mangels Interesse und Schwerlesbarkeit nicht aufbewahrt werden, für unsere Nachwelt und Ortsgeschichte zu erhalten. Die Briefe werden auf den Seiten der Dorfchronik gesammelt. Wer eigene Beiträge zur Verfügung stellen möchte, wende sich bitte an:

Paul Ludwig Mertes,
Tel.: 0 65 42 – 2 20 10

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