Klatsch und Tratsch

Pündericher Briefe Teil 17

Vielen Dank an Thomas Kootz, der diesen Brief für dieses Projekt von Paul Mertes auf www.puenderich.de zur Verfügung gestellt hat.

Mathias Josef Lay schreibt im Jahre 1884 aus Honstal, Pennsylvania, Nordamerika an seine Eltern.

Recherche dazu von Winfried Schneiders:
Mathias Josef Lay wanderte im Jahr 1852 nach Nordamerika aus.
Er war der älteste Sohn von fünf Kindern.
Seine Eltern waren Matthias Josef Lay, geboren am 27.11.1801, verstorben am 08.06.1871 und die Mutter, Agnes Sieweris, geboren am 23.01.1804, verstorben 04.02.1882. Heirat war am 26.11.1826.
Die Familie Lay wohnte laut Urkataster von Pünderich in der Stichstraße der Kirchstraße, heute die Garagen von Herbert Dahm und der Bäckerei Greis. Hinter den Garagen standen früher noch kleine Handwerkerhäuser, die es heute nicht mehr gibt.

Zur Lesart des Briefes:
Die linke Spalte zeigt die originale Übertragung der Schreibschrift, die rechte Zeile die Übertragung ins Hochdeutsche.
Die originale Fassung ist, wenn auch sehr eigenwillig, interessant.
Vielleicht ist dem Schreiber sein Deutsch mit der Zeit etwas ungewohnt, da er schon 32 Jahre in Amerika lebte und in seiner amerikanischen Umgebung viel hauptsächlich Englisch gesprochen hat. Manche englische Worte hat er der Aussprache gemäß versucht in Deutsch zu schreiben. In Rechtschreibung und Satzbau ist er nicht mehr so geübt, doch seine Handschrift ist bis auf einige wenige Stellen gut lesbar.
Der eigenwillige Stil wurde auch in der Übertragung ins Hochdeutsche weitestgehend beibehalten. Zuweilen wurden sinngemäß fehlende Worte oder Wortteile durch […] ergänzt.

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Seite 1

Honstal den 5 Oktober 1884 Honstal, den 5. Oktober 1884
Füle Gliebte Mutter Vielgeliebte Mutter
Und Brüter. Euren Brief und Brüder. Euren Brief
Habe [Mir]14 erhalten und haben wir erhalten und
Daraus ersehn das ihr noch daraus ersehen, dass Ihr noch
Alle gesund seid Was und alle gesund seid, was uns
Die krüste Freite Brint von die größte Freude bringt, von
Euch Gesund heit und Wol Euch Gesundheit und Wohl-
Gen Wier Sint Gott Sei ergehen [zu erfahren]. Wir sind Gott sei
Dank auch noch Gesunt Dank auch noch gesund
Und Munter Was das und munter, was das
Beste ist da kann man auch Beste ist. Da kann man auch
Mit Freite Seine Arbeit dun mit Freude seine Arbeit tun.
Ees Mach mir die Kreste Es macht mir die größte
Freite auf den Lant Freude auf dem Land.
Arbeite dieses Jahr Habe [zu] arbeiten. Dieses Jahr habe ich
ich Winter ein Kroses Stichk [im] Winter ein großes Stück
ubar Gemacht und mit urbar gemacht und mit
Kon in geset und Kras. Sint Korn eingesät und Gras. Sind
über 6 [Siner]1 Sint und ein Stein über 6 [Siner]1 sind und [mit] einer Stein-
Mauer um Geben von 5 fus mauer umgeben von 5 Fuß

Seite 2

Hoch das man das Füh kan hoch, dass man das Vieh kann
Laufen Lasen und hat keinen laufen lassen und hat keinen
[trowel]2 Wier haten ein Ser [Ärger]2. Wir hatten ein[en] sehr
trochken Somer Wenich Hei trocknen Sommer, wenig Heu,
aber Katofel Habe Mir aber Kartoffeln haben wir
Gnuch für uns und Füh genug für uns und [das] Vieh.
Kon ist auch gut Graten [Das] Korn ist auch gut geraten.
Hier bei uns Wirt nicht fül Hier bei uns wird nicht viel
Wein flanst die Früchte Sint Wein gepflanzt, die Früchte sind
Ser Gut Grate es ist alles sehr gut geraten. Es ist alles
Ser bilich Wir habe auch sehr billig. Wir haben auch
Genuch Gernt das uns genug geerntet, dass uns
Nicht am Esen Felt nicht am Essen fehlt.
Ich habe 3 [tichte]3 [Gre?in]4 Ich habe 3 [tichte]3 [Gre?in]4
eins Woch Get über 3 [Bunt eine Woche geht über 3 [Bunt
funt 2 Man]5 Mai die Sint funt 2 von]5 Mai die sind
auch Schen die Arbeit in auch schön. Die Arbeit in
den [Fetrie]6 Gehn Geht Lans den [Fabrik]6 gehen geht lang-
Sam bies Mir Winter sam bis wir [im] Winter
Einen Antern Brestente einen anderen Präsidenten
Welen den Mechten Monat wählen. Den nächsten Monat
Dan ist Bresten Wal [efter]7 dann ist Präsidenten Wahl, danach

Seite 3

Dan Gen die Geschfte Wieter dann gehen die Geschäfte wieder
Beser das Leste Jahr Habe besser. Das letzte Jahr habe ich
ich Stete im Klas Haus stets im Glashaus
Gearbeit Wen ich auch nich in gearbeitet. Wenn ich auch nicht im
Glas Haus Arbeite Habe ich Glashaus arbeite, habe ich
Doch ümer Arbeit Gnuch Mer doch immer Arbeit genug, mehr
Als ich dun kann Wer Hier arbe- als ich tun kann. Wer hier arbei-
te Will Der Hat imer was zu ten will, der hat immer was zu
tu und kann ein Dolar leichter tun und kann einen Dollar leichter
Ver tiene Wie in Teusch Lant verdienen wie in Deutschland.
10 Kroschen 10 Stunte ist ein Taches 10 Groschen [in] 10 Stunden ist eine Tages-
Arbeit Hier ist noch [bleit]8 Arbeit hier. Hier ist noch [bleit]8
biliches Lant zu kaufen Gute billiges Land zu kaufen. [Eine] gute
[Scheinsch]9 für ein Man Wen Chance für einen Mann, wenn
er [blente]10 Buben hat die er [blente]10 Buben hat, die
kenne eins Hanwerk Lernen können ein Handwerk lernen
und noch Mer Lohn Wie und noch mehr Lohn [erhalten] wie
in Teüsch Lant der beste in Deutschland der beste
Tagliner Wen einer fleich Lust Tagelöhner. Wenn einer vielleicht Lust
Hat nach Amerik do und Weis hat nach Amerika und weiß
auch Wo Hin und komt auch Hier Hin auch wohin und kommt auch hierhin,
ich Wil im Wol be helefen sein ich will ihm wohl behilflich sein

Seite 4

Und Helfen Was ich Kan und helfen, was ich kann.
Liebe Mutt Euer Bruter Liebe Mutter, Euer Bruder
in der West hat auch ein im Westen hat auch einen
Brif an die Tante Geschriben Brief an die Tante geschrieben,
das er Sein Lant Gut Seine dass sein Landgut seinen
Kinter über trachen hat er Kindern übertagen hat. Er
Schreibt das er Schon Merere schreibt, dass er schon mehrere
Jahre krank ist und nich Jahre krank ist und nicht
Wer Arbeite kann er ist mehr arbeiten kann. Er ist
Aber Gut ab zu Leben Genuch aber gut, [habe] zum Leben genug.
die Tant ist ist auch noch Gesunt Die Tante ist auch noch gesund
und Onke und Arbeite Fleisch und [auch der] Onkel und arbeiten fleißig
Auf ihren Lant Gut du Schreibes auf ihrem Landgut. Du schreibst
Mir Lieber Bruter das die Kermes mir lieber Bruder, dass die Kirmes [war?]
[Man icht]11 und die Freinte zu Samm [Dann ich]11 und die Freunde zusammen-
Komme und Sich freien die Kermes kommen und sich freuen. Die Kirmes
Habe ich noch Jetes Jahr habe ich noch jedes Jahr
Gefeiert ich hate mir ein [Fese]12 gefeiert. Ich hatte mir ein [Fässchen]12
Bier dies Jahr Auf den Tach Bier dieses Jahr auf den Tag
Genome und zu Wol Sein euern genommen und zu euerm Wohlsein
Gut Schmechken Lasen ich dun euch gut schmecken lassen. Ich tu Euch
fül Mal Grüße euere Sohn Wilheln vielmal grüßen Euern Sohn Wilhelm
und Frau und Kiner Mutter und Brüter füle und Frau und Kinder und Brüder. Viele
grüs von Onke und Tante Grüße von Onkel und Tante.
[oben quer] [oben quer]
Grüs mir auch bate und Ver Wante Grüß mir auch Paten und Verwandte
und mach [b??r]13 und mach [b??r]13

Anmerkungen:
[…] Ergänzungen zum Brieftext
[Siner]1 Bedeutung nicht zu ermitteln
[trowel]2 vermutlich engl. trouble = Ärger
[tichte]3 vermutlich tüchtige
[Gre?ri]4 zum Teil unleserlich, Bedeutung nicht zu ermitteln
[Bunt?? funt 2 Man]5 Bedeutung nicht zu ermitteln
[fetrie]6 vermutlich engl. factory = Fabrik, Betrieb
[efter]7 engl. after = danach
[bleit]8 vermutlich engl. plenty = reichlich
[Scheinsch]9 engl. chance = Chance
[blente]10 vermutlich engl. [plenty] = reichlich
[Man icht]11 vermutlich dann ich
[Fese]12 vermutlich Fässchen
[b??r]13 unleserlich
[Mir]14 Wir. Als Dialekt sprechender Pündericher sagt er statt wir mir.

Anmerkung:
Brief des verm. 1852 nach Pennsylvania ausgewanderten Mathias Josef Lay, (* 1827).
s. Ortschronik Pünderich (S. 189).

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