Klatsch und Tratsch

Pündericher Briefe Teil 13

Paul Mertes (aus Alf) schreibt Maria Mentges (später Maria Mertes) aus dem Russlandfeldzug. Die Rechtschreibung des Briefes ist weitestgehend original belassen. Möchten Sie diesen Brief ausdrucken, nutzen Sie bitte das PDF
Kirow, 25.Januar 1942

Meine liebe Maria !

Hallo Ludwig

Aus dem kalten
Russland sendet Dir und
Deinen Eltern viele herzl.
Grüße, Dein Paul. Es geht
mir noch gut, ich bin noch
nicht erfroren, hoffentlich
geht es Dir auch noch gut. Bei uns auf
dem Flugplatz herrscht eine
furchtbare Kälte, 44 Grad war
bis jetzt der schönste Tag. Es
war so kalt, dass man vor lauter
Kälte kein Wort mehr sprechen
konnte, oder man musste den
Mund verdecken. Du kannst
Dir eine solche Kälte gar nicht
vorstellen, wenn doch dieser
Winter doch bald ein Ende fin-
den würde; in Dänemark war
es doch viel besser.

In der vergangenen Nacht bin ich
350 km mit der Eisenbahn gefahren, die
Fahrt dauerte 17 Stunden. Mit 40 Mann
fuhren wir in einem Viehwagen, wir dachten
alle, wir würden verrückt vor Kälte,
aber auch diese Stunden sind vorbei.
Am andern Tage waren wir noch
halb steif gefroren; in einer alten
Schule bezogen wir für 8 Tage unser
Quartier. Auch dort haben wir nachts
nicht schlafen können vor lauter
Kälte; mit Mantel, Kopfschützer, Hand-
schuhe, usw. und zig Decken konnte
keiner schlafen. 2 Tage später bekam
jeder ½ l Wodka, den haben wir
alle auf der Stelle herunter gekippt,
bis wir genug hatten. Es wurde
uns also wenigstens mal warm
auch wenn wir fast alle voll wa-
ren, auch ich war besoffen. Ja Maria,
was man nicht alles tut, um
nicht zu erfrieren, lieber 70 Grad
Hitze, als 35 Grad Kälte.

Nun liege ich in einem besseren Quar-
tier, aber draußen ist es verdammt
kalt, man wagt sich kaum vors
Loch zu gehen. Gestern war ich ½
Tag auf dem Flugplatz, ich fühlte
meine Füße nicht mehr, die Stiefel
waren hart gefroren. Nun habe ich
das große Los gewonnen, ——- ich
komme in 10 Tagen aus Russland
heraus, 500 km geht es nach dem
Süden. Ich freue mich wie ein
Kind auf das Weihnachtsfest; also
Maria ! meine Anschrift ändert
sich dann. Du musst dann warten,
bis ich da bin, eher kannst Du
mir nicht schreiben. 32 Tage habe
ich jetzt keine Post mehr erhalten,
ich weiß nicht mehr, was in der
Welt los ist, Radio u. Zeitung
gibt es auch nicht hier. Jetzt denkst
Du noch, wo mag ich jetzt hin-
kommen, es geht ans Schwarze
Meer, dort wo man Fische fangen
kann.

[Ende fehlt, da über Persönliches geschrieben wird.]

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