Klatsch und Tratsch

Pündericher Briefe Teil 10

Maria Mentges (später M. Mertes) schreibt ihrem in Idar Oberstein in der Militärausbildung befindlichen Bruder über Geschehnisse in Pünderich im März 1944.
Die Rechtschreibung des Briefes ist weitestgehend original belassen.

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23.März 1944

Lieber Ludwig !

Hallo Ludwig

Zuerst Dir tausend liebe Grüße von Deiner Schwester Maria. Und alle gratulieren wir Dir, daß Du den Lehrgang so gut bestanden hast. Von ganzem Herzen wünschen wir Dir Gottes Schutz und künftig auch recht viel Soldatenglück. Wir freuen uns, daß Du nicht alle Strapazen umsonst ausgehalten hast und doch das Ziel erreicht hast. Wir sind ganz stolz, daß unser Jüngster sich so durchsetzt und beweist, [daß er] trotz der Jugend doch weiß, was er will. Möge auch weiter alles zu Deinem Besten gehen und Du gesund in die Heimat kommen. Als ich um 1⁄4 nach 6 Uhr aus dem Weinberg kam, erhielt ich Deinen lb. Brief, wofür ich Dir vielmals danke und gleich zu dem 1⁄2 9-Uhr-Zug habe ich als Expreß 4 Flaschen Wein geschickt. Ich denke, bis Sonntag wird er in Idar sein. Wenn Du nicht kannst,
will ich kommen. Ich denke, es ist Dir doch recht, wenn nicht, so ist es Dir vielleicht möglich, am Telefon zu rufen. Ich bin Dir dann bestimmt nicht böse. Nun zum Thema Wein. Für Dich hab ich geschickt und an die Familie Hönig nach Walldorf 4 Flaschen 42er Pündericher Marienburg a. 2.10, Hilfsfond a 0.15, zus. 9.00 RM. Weißenthurm schicke ich die nächste Woche 4 oder 6 Flaschen. Ich denke, er weiß ja auch, daß der Wein knapp ist und ist zufrieden. Der Wein für Uffz. Diehl ist ja eingetroffen, ich glaube, mit der Bahn geht es ja auch ziemlich schnell. Die Hauptsache ist ja, wenn sie Dir nicht gerade die dicksten Steine in den Weg legen.

Urlaub wird jetzt ganz groß geschrieben. Doch ich hoffe für Dich doch noch etwas, denn wer weiß, vielleicht gelingt es doch noch, was wir sehr wünschen. Der Dienst wird jetzt vielleicht nicht gerade so verrückt sein, was dir ja bestimmt gut tun wird. Aber abends kommt der Tommy und die schöne Ruhe ist hin. Gestern Abend war ja ganz toll. Der Drahtfunk meldet dauernd Flieger über Mittelmosel, Hunsrück und einmal einen Verband feindlicher Flugzeuge überfliegt den Hunsrück. Die Bevölkerung wird gebeten, die Luftschutzräume aufzusuchen, [da] feindliche Fliegertätigkeit in unserem Wohngebiet. Da wurde mir aber komisch zu Mute und wir haben die guten Decken, Kissen, beste Kleider in den Keller gebracht. Hinter der Marienburg stand eine Leuchtbombe wie eine Traube oder später wie ein Christbaum. Wir standen an der Straße an Peters Turm[1], auf einmal ein Pfeifen in der Luft, wir glaubten ein deutscher Jäger und schnell liefen wir in den Hof. Aber von wegen Jäger, entweder Blindgänger oder Kanister[2]. Sie sehen mal nach, ob sich nichts findet. Aber Gott sei Dank, ohne Schaden ging alles vorbei. Wir sind alle in Gottes Hand. Hoffentlich gibt es doch bald Frieden. Paul liegt nun schon über 4 Wochen im Lazarett, hofft aber bald so weit zu sein, daß er in Urlaub fahren kann vielleicht zu Ostern, was ihm eigentlich, wer weiß, [.. unverständlich ..] im Urlaub würde er es sagen. Seine Adresse ist Uffz. P. Mertes 24 Schleswig/ Seefliegerhorst/ Kr. Revier. Ich schreibe ihm als einen Gruß von Dir, Du brauchst Dein bißchen Freizeit doch anders als zum Schreiben, da ist es ja auch gut. Vera habe ich diese Woche auch nicht gesehen, weil wir trotz all dem schlechten Wetter im Weinberg waren. Die Käthe sieht man wenig. Ob sie wieder krank ist? So kann ich Dir von der Weiblichkeit nicht viel berichten. Soeben war Herrmann hier. Durch die dauernden Flieger muß er abends immer ins Dorf und hat kaum Zeit zum Schreiben. Er läßt Dich aber recht herzl. grüßen und sagt, „sieh mal an der kleine Mann hat es doch geschafft, er kann doch was, denn bei den Brüdern wird ihnen bestimmt nichts geschenkt“. Die Flieger sind als wieder da und Du Armer kommst um Deinen Schlaf und mußt in den Keller. Alfons Buß liegt im Lazarett, was oder wie er verwundet ist, schreibt er nicht, aber er schreibt selbst. Es scheint, so ganz böse hat es ihn nicht erwischt. Das Blatt ist nun voll und ich weiß auch nichts mehr, denn wir haben auch keine Zeit mehr zum Schwätzen. Und Dich Lieber grüßt von ganzem Herzen Deine Schwester Maria. Auch herzl. Grüße von den Eltern.

Anm.:
[1] Peters Turm: Turm des Alten Rathauses
[2] Kanister: abgeworfener Zusatztank von Flugzeugen

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