Gesetzkrämer

Zeichnung des Pündericher Gesetzkrämer - Christian Latz, Bonn, 1965
Zeichnung des Pündericher Gesetzkrämer – Christian Latz, Bonn, 1965

Im Zeller Hamm, aber auch sonst wo, führt jedes Dorf seinen Spitznamen. Manche dieser Namen sind so derb, dass man sie besser nicht schreibt, sondern nur mündlich von ihnen Gebrauch macht. Die Pündericher tragen ihren Namen „Gesetzkrämer“ wohl deshalb, weil sie als etwas spitzfindig gelten. Man legte sich früher nicht gerne mit ihnen an, um nicht Bekanntschaft mit Paragraphen machen zu müssen. Dazu hatten die Pündericher seit 1618 ein geschriebenes Dorfrecht, während die übrigen Dörfer erst um 1750 ihre Ordnung schufen.

So könnte man „Gesetzkrämer“ auch so deuten, dass die Pündericher sehr vorsichtige Leute waren, die sich, um Ärger vorzubeugen, früh genug eine Ordnung gaben, an die sich jeder zu halten hatte.

Pündericher Gesetzbuch

Im Namen der heiligen Dreifaltigkeit
Kund und zu wissen sei allen Einwohnern und Nachkommen(lichen) in Pünderich, dass im Jahr nach Christus Geburt 1618 ist der Zenner und ganz Gemeinde mit geläutener Glocken auf dem Rathaus dermaßen erschienen, dass man nicht mehr in gemeiner Rügen setzen, sondern wie bräuchlich gefunden oder gerügt wird, soll gestraft werden – wie hernach folget:

Jedoch unseres gnädigen Herrn und Kurfürsten Straf fürbehalten sind diese nachgeschriebenen Haupt – Artikel gezogen aus einer Beschreibung, welche ist von der hohen Obrigkeit zugelassen, ist dieselbich geschrieben 1584

1. Gesetz
Zum ersten,welcher Bürger Holz in verbotenen Wäldern hauet, sondern Erlaubnis des Zirners und (der) Gemeinde der soll gestraft für 1½ Reichsthaler.
2. Gesetz
Welcher Bürger Bauholz fället und binnen dem Jahr nicht verbaut, ist von jedem Stamm zu Straf: 1 Reichsthaler.
3. Gesetz
Welcher solches Bauholt in den Wäldern versäumt und liegen lässt über ein Jahr, soll (es) der Gemeinde verfallen und zu ihrem weiteren Nutz und Gefallen verwandt werden, und der es gehauen hat, soll der Gemeinde 1 Reichsthaler geben.
4. Gesetz
Es soll kein Zirner oder Baumeister oder seine Gesellen kein feucht Bäum zum Bauen ausgeben. Wann dies nit geschieht, soll zur Straf geben: 1 Reichsthaler.
5. Gesetz
Welcher Keterholz in Wäldern oder anders sonst unverbaut oder über ein Jahr nach dem Fall leien lässt, ist die Straf 1 Reichsthaler.
6. Gesetz
Welcher Kelter und Häuser verwahrlost und nicht (das) Dach drauf holt, soll der Gemeinde verfallen sein für ½ Reichsthaler.
7. Gesetz
Welcher Bauholz haut, soll mit Leyen decken und die Schwell drei Werk-Schuh hoch mauern über die Erd und wo nit, soll gestraft werden für 3 Reichsthaler.
8. Gesetz
Welcher ein Bürd Laubs an vorgeschriebenen Bäumen (hauet und darüber) ergriffen (wird) ist die Straf 1 ½ Reichsthaler.
9. Gesetz
Welcher einen Baum oben abstummelt, (er) sei jung oder alt ist Straf 1 ½ Reichsthaler.
10. Gesetz
Welcher einen Windfall (Windbruch) findet in unseren Wäldern soll ihn (kenn-) zeichnen und ein Bindt darum hüllen, dass andere (ihn) liegen lassen. Wo solches nicht geschieht, ist die Straf 1 ½ Reichsthaler.
11. Gesetz
Welcher Holz oder Reißer oder Laub hauet und struppt in den Rotthecken soll gestraft werden für 1 ½ Reichsthaler.
12. Gesetz
Welcher dem anderen Holz nimmt in seinen (dessen) Rotteilen, ist die Straf 1 Reichsthaler.
13. Gesetz
Welcher den anderen Reben schneidet in den Weingärten, soll gestraft werden für 1 Reichsthaler.
14. Gesetz
Welcher dem anderen Hecken, an Zäunen, an Reidellen an Stöcken, an Weidstrünken zerhaut und beschädigt ist um 1 Reichsthaler.
15. Gesetz
Es soll auch kein Mann oder Frau oder Dienstbot gedenken kein Backholz an verbotenen Hecken oder Gärten hauet und mit roten Weiden bindet, soll von seinem nächsten Nachbarn, so, im Dorf ersehen wird, vor ein Gulden gestraft werden. (Text, 1647)
16. Gesetz
Welcher die Gemeinde überbaut ist um 1 Reichsthaler. und ebenwohl abhauen (beseitigen), und tut est nit ab(machen) ist um 1 ½ Reichsthaler. Und soll dem ehe abgetan werden oder noch also viel (zahlen) Text 1647: tut er es nicht, so ist die Straf 1 ½ Gulden und ebenwohl abgetan werden, geschieht es nicht, so soll der Täter noch so viel geben, nämlich 3 Florin.
17. Gesetz
Wer im Dorf Gassen und Kehren belegt, ist um 12 Albus. Item, wer ein geeckert (gemästet) Schwein oder Speck aus dem Dorf verkauft (zahlt) 1 ½ Reichsthaler.
18. Gesetz
Welcher einen beklagt auf dem Rathaus und nicht auf ihm bringen (beweisen) kann ist die Straf 1 ½1 Reichsthaler.
19. Gesetz
Welcher auf der Gemeinde, (land) Eicheln rafft, ist die Straf 1 ½ Reichsthaler.
20. Gesetz
Soll man den Kuhhirten seinen Lohn halb geben zu Sankt Johannestag und das andere Halbteil geben zu Weihnachtstagen zu St. Johannstag.
21. Gesetz
Welcher seine Hut oder Wacht bei Nacht und Tag und meiste Zeit versäumt, die Straf 1 Reichsthaler.
22. Gesetz
Welcher Stroh oder Mist bausent das Dorf verkauft, ist um 1 Reichsthaler.
23. Gesetz
Welcher mit Kräutern, Nüss, Trauben, Beeren, Äpfeln ergriffen oder ersehen wird, ist (Straf) 6 Albus.
24. Gesetz
Welcher einem Frimmen ein Haus verlient sonder Erlaubnis der Gemeinde ist die Straf 10 Reichsthaler.
25. Gesetz
Wenn sich eine auswendige Mannsperson sich hierher bestatt, (wohnen will) soll er geben 24 Reichsthaler und eine auswendige Frauensperson 12 Reichsthaler. Daneben den Bürgergulden wegen eines ledernen Eimers.(Text 1647: wenn …. sich hierher ins Dorf verheiraten wird)
26. Gesetz
Wenn einer unseren Weidgang vergibt oder an andere auswendich Person zu sich zuch Wasser, Weid, Trift dardurch vortheilt, als die Straf 1 ½ Reichsthaler.
27. Gesetz
Wenn (aus) eines Nachbarn Haus ein Feuer aufgeht, da Gott vor sei, soll die Straf sein 3 Reichsthaler.
28. Gesetz
Wenn ein Stuben-Schornstein brennt, ist die Straf 1 Reichsthaler.
29. Gesetz
Binnent Dorfs Flachs zu brechen und und ungedecktem Feuer in ein ander Haus oder Stallsonderlich erfunden, ist die Straf 12 Albus.
30. Gesetz
Welcher auf dem Rathaus lästere und verflucht das bittere Leiden unseres Herrn Jesus Christus ist ein Bürd Weins (die Strafe).
31. Gesetz
Welcher einen Lügen heißt ist die Straf 1 Sester Weins.
32. Gesetz
Welcher nit schweigt wenn man huckt so lang die Kerze brennt ist (die Straf) 1 Sester Weins.
33. Gesetz
Welcher daselbst in Unzucht mit essen und trinken umgeht und erfunden wird, ist die Straf 1 Bürd Weins.
34. Gesetz
Welcher sich mit Frevel da schlagen wird, ist die Straf 1 Bürd Weins.
35. Gesetz
Welcher das auch in dem Heimgang tut, ist auch ein Bürd Weins.
36. Gesetz
Welcher zu Gezänken Ursach und Rat gibt mit Unbilligkeit soll auch mit solchem Wert gestraft werden.
37. Gesetz
Es soll keiner dem anderen daselbst Schuld oder Geld abfordern auf Straf, 1 Sester Weins sonder Gemeindesachen.
38. Gesetz
Wenn einer von Fastnachstag bis an Sankt Martinstag in den (anderen/fremden) Weingärten erfunden wird, soll die Straf sein 1 Reichsthaler.
39. Gesetz
Wenn einer in einem anderen Garten erfunden wird, ist die Straf ein Bürd Weins.
40. Gesetz
Wenn einer sich in einer anderen Wiese vergreift, ist die Straf 1 Reichsthaler.
41. Gesetz
Welcher in der Nacht erfunden wird mit Laubscheren und vor Avemaria-Zeit soll die Straf sein 1 Reichsthaler.
42. Gesetz
Welcher Laub scheret, da es nit sein ist und auf den Feldern Kraut holt ist die Straf 6 Albus.
43. Gesetz
Es soll keiner geleinen gehen mit Birnen, Äpfeln, Trauben, Nüssen und Eiern raffen. Ist die Straf 6 Albus.
44. Gesetz
Wenn einer in Triften erfunden wird, ist die Straf 1 Reichsthaler.
45. Gesetz
Wenn einer ein Kahr Holz oder Laubs in Sternenberg fährt ist die Straf 12 Albus.
46. Gesetz
Wenn einer ein Fahrt Holz oder Laubs in Sternenberg fährt ist die Straf 6 Albus.
47. Gesetz
Wenn ein Nachbar Bauholz droben im Wald hauen will soll der Zirner oder Baumeister dem Nachbarn geben halb hiesig Berg, das andere Halbteil hinter dem Berg. Welcher weiter hauen wird, soll die Straf sein 1 Reichsthaler.
48. Gesetz
Ist auch bewirklicht (bewirtet) worden durch die Gemeinde Notdurft und Weide,Beschwernis, dass ein jeder Bürger, er sei reich oder arm nicht mehr auftreiben soll für die Gemeinde Herd als fünf Stück Vieh(s) als die Straf sein wenn eine (er) mehr auftreibt: 10 Reichsthaler.