Klatsch und Tratsch

Ein Pündericher in Nigeria Teil IV

Falls Sie die bisherigen Teile nicht mitbekommen haben –  hier eine Übersicht:
Ein Pündericher in Nigeria
Ein Pündericher in Nigeria Teil II
Ein Pündericher in Nigeria Teil III

Stephan Mertes aus Awgu

„Malaria, welcome to Africa!”

Und es ist wieder an der Zeit. Der Onyeocha hat Neues aus Awgu für euch!

So meine Lieben.
Wie fange ich an? Das erste Mal habe ich mir wirklich darüber Gedanken gemacht. Ich habe mich dann dafür entschlossen ersteinmal davon zu berichten, wie viele Namen ich habe. Es sind wirklich einige und ich habe hier einfach mal ein paar aufgelistet:“ Steven, Steve-O, Mr. Steven, Uncle Steven (so heiße ich für meine Schüler), Onyeocha, Ouibo ,Bekee, Whiteman, Mr. Whiteman Sir, Mr. White, Quango, Master White“. Diese Bezeichnungen sind glaube ich die Gängigsten, aber es gibt natürlich noch viele mehr und vor allem unendlich viele Kombinationen. Am heitersten machen mich glaube ich Namen wie: „Mr. White“ und „Quango“, am meisten erschreckt habe ich mich bei Kombinationen mit Master. Ich bin aber offensichtlich der Einzige, der bei Kombinationen mit „Master“ einen Zusammenhang zur Kolonialzeit sieht. Ich kann euch sagen, sehr sehr unangenehm sich für einen kurzen Moment als Sklavenhändler oder Dergleichen betitelt zu fühlen.

Weiter geht’s mit einem Beispiel aus der Rubrik Witzig. Ich habe mir in Ibo einen herrlichen „Versprecher“ geleistet. An einem Samstagabend kam es beim Fußball schauen (leider immer nur die englische Liga, zum Glück aber auch Champions League) dazu, dass ich mich mit zwei Priestern bei ein bis drei Bieren über traditionelle Namen unterhielt. Ich erzählte von den Namen der Jungen in der Schule und eigentlich ging es darum, dass in den meisten Namen das Wort „Chukwu“ (Gott) vorkommt. Ich war also Namen am aufzählen: „Chukwuemeka, Ifeanyichukwu, Chukwuebube und am Ende sagte ich Ikechukwu, ein sehr häufiger Vorname für Jungen. Ich sprach das „E“ nach bester deutscher Manier auch als „E“ aus. Einer der Priester drehte sich schlagartig um, lachte und sagte so etwas wie:“ Dir sei verziehen, aber sag das nie wieder!!!“ Ich fragte nach was falsch wäre. Father Stan klärte mich dann auf und sagte, dass „Ikechukwu“, (E als Ä betont) der Name wäre den ich hätte zum Besten geben wollen, es bedeutet so viel wie:“ Die Kraft Gottes“. Wie gesagt, ich hatte das „E“ als „E“ ausgesprochen und einen Satz später konnte ich vor Lachen nicht mehr. So wie ich es gesagt hatte bedeutet „Ikechukwu“ auf gut deutsch gesagt:“ Der Arsch Gottes“. Ich habe mich also mit zwei Priestern allen Ernstes über den Arsch Gottes unterhalten…Wunderbar!

Ich habe den Niger gesehen. Ein riesiger Strom, der da das Land durchschneidet und sogar Bundesstaaten begrenzt. Ich war in Ornisha auf eine Hochzeit eingeladen, bei der ich leider nur die Messe erleben konnte, da wir danach wieder gefahren sind. Das traditionelle lässt sich aber bestimmt noch nachholen, das war ja hoffentlich und sicherlich nicht die letzte Hochzeit auf der ich hier in Nigeria sein werde. Was ich aber eigentlich erzählen wollte dreht sich um diesen wunderschönen, braunen, übermächtigen Fluss. Bevor wir uns auf den Heimweg machten, fuhren wir noch in irgendein Sekretariat, weil jemand noch was abholen musste. Zum Glück lag zwischen mir und meinem neuen Freund Niger nur ein Stacheldrahtzaun und eine kleine Straße, sodass ich fast ungestört den beeindruckenden Fluss beobachten konnte. Ich weiß nicht was es war, es war ja „nur“ ein Fluss und ich weiß auch nicht warum oder was los war, aber ich stand nun da, fast am Ufer, die Nase so weit es ging durch den Zaun gedrückt und ohne das ich es merkte verging eine Stunde. Ich atmete tief ein und aus, dann wieder ein, ich hielt die Luft für einen Moment und schloss meine Augen eine kurze Ewigkeit. Ich hörte den Markt, ich roch die Fische, das Fleisch, aber ich hörte auch den Fluss fließen und es war echt etwas ganz besonderes. Was dieser Fluss mir gab und was ich ohne Zweifel für mich in meinem Herzen und in meinen Erinnerungen mitgenommen habe weiß ich selbst noch nicht so genau, aber es ist eine ganze Menge. Vielleicht liegt mir das Wasser so am Herzen, weil ich die Mosel gewöhnt bin und hier in Awgu keinerlei offene Gewässer anzutreffen sind. Auf jeden Fall habe ich viel an diesen Fluss gedacht und beschlossen, dass ich wenn es mir irgendwie möglich und vor allem erlaubt wird vor meiner Abreise ins Nigerdelta reisen möchte. Ich will diesen Fluss ins Meer münden sehen! Es muss nicht lange sein, ein-zwei Stunden in denen ich ungestört atmen kann würden mir reichen.

Ich habe eine neue Sache bei regnerischen Abenden und Nächten für mich entdeckt. Das erste Mal, als ich mich dieser Beschäftigung hingab, war ein wie gesagt regnerischer Abend. Kein Strom, also wirklich dunkel. Ich hängte im Kerzenlicht eine kleine Wäscheleine in meinem Zimmer auf und stellte mir dazu meinen Stuhl ans Fenster um groß genug zu sein. Nach getaner Arbeit machte ich mir ein Bier auf vergas aber den Stuhl wieder an seinen eigentlichen Platz an den Tisch zu stellen. Ich lies mich einfach fallen und fand mich am Fenster wieder. Die erste Windwelle fegte durch mein Zimmer und pustete nicht nur meine Schulsachen durcheinander, sondern blies auch die flackernde Kerze aus. Es war dunkel. Ich saß an meinem Fenster und draußen wurde das Gewitter immer heftiger. Ich schob das am Fenster angebrachte Mosquitonetz zur Seite, sodass ich den Winddruck und den Regen ungestört auf meiner Haut spüren konnte. Es donnerte lauter und blitze heller als ich es je zuvor gesehen hatte und bei jedem Blitz wurde es schlagartig taghell. Aber das irgendwie für mich Anziehende war die Siluette meiner Hand zwischen den Gitterstäben meines Fensters, die immer noch für einen kurzen Moment nach dem Blitz, also in völliger Dunkelheit sichtbar schien. Man kennt dass, wenn man ins Licht sieht und dann wieder weg und man dann noch Formen oder Farben sieht. Ich dachte über nichts nach. Man fühlt sich in diesen Momenten einfach als Teil eines Ganzen, nicht wirklich beweglich, aber auch nicht statisch. Einfach irgendwie abwesend, aber diese Abwesenheit ist etwas unglaublich Entspannend- und Befreiendes. Man geht irgendwie ganz auf.
Weiter geht’s im Rundbrief. Jeder der mich kennt weiß, dass ich alles andere als ein Bücherwurm bin. Deswegen wird es auch vielleicht einige überraschen, wie viel ich hier lese, falls ich Zeit dazu finde. Hier ein paar Bücher die ich bis jetzt gelesen habe: „Che Guevara“ von Elmar May, „Ach, Afrika“ von Bartholomäus Grill, „Afrika, Mythos und Zukunft“ von Katja Böhler und Jürgen Hoeren und „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“ von Hans Kruppa. Dann gibt es aber noch ein paar Bücher, die ich quasi eingeatmet habe, welche sind: „Narziß und Goldmund“ von Hermann Hesse, „Ansichten eines Clowns“ von Heinrich Böll, „Zwei Fremde im Zug“ von Patricia Highsmith, „Jagd auf Roter Oktober“ von Tom Clancy, „Ein wahres Verbrechen“ von Andrew Klavan und zu guter Letzt, „Fabian, die Geschichte eines Moralisten“ von Erich Kästner. So so tolle Bücher!!! Aus dem letzten Exemplar möchte ich ein Zitat anbringen, über das ich bestimmt eine halbe Stunde gelacht habe: „Die Liebe ist ein Zeitvertreib, man nimmt dazu den Unterleib.“ Ohjee, … ich lache sogar grade als ich das selber schreibe, … zu genial. Alle diese Bücher sind übrigens falls noch nicht getan höchst lesenswert.

Wie schon im letzten Brief angesprochen, nimmt mich die Prügelstrafe in der Schule ganz schön mit. Die Spitze dieses Eisberges, der mir manchmal fast die Seite aufreißt und mich in meiner Zuversicht beinahe zum kentern bringt, ist folgendes. An einem gewöhnlich scheinenden Montagmorgen kam ich, zuversichtlich eine gute Woche vor mir zu haben, gut gelaunt in die Schule. Etwa zehn Minuten später wurde es schon zur schrecklichsten Woche meines Aufenthalts. Ich unterhielt mich mit „Sister Chidimma“, einer Nonne und gleichzeitig der Schulleiterin meiner Schule. Ich habe mit ihr schon oftmals über das Schlagen der Kinder geredet und ihr vorsichtig versucht zu erklären, dass es nichts bringt und auch keine Probleme löst, aber ihr Wahlspruch und auch der der anderen Lehrer scheint: „Spare the rod and spoil the child.“, „ Sei sparsam mit der Rute und du verdirbst das Kind.“, zu sein und zu bleiben. Sie scheint innerlich damit zufrieden, zu denken: „Der weiße Deutsche ist zwar ein guter Kerl, aber auch zu soft für diesen Job und für die „Schulkultur“ Nigerias.“ Sie liebt mich und denkt aber glaube ich trotzdem ich sei ein kleines Weichei. Wieder ging es an diesem schon morgens ungewöhnlich heißen Montag um dieses Thema und ich versuchte wieder mein bestes um sie umzustimmen. Sister Chidimma ist übrigens dafür bekannt, dass sie von allen geliebt wird, aber andererseits auch am häufigsten und härtesten zuschlagen kann.

Sie macht sich oft einen Spaß daraus, mir zu erzählen, wen sie in der nächsten halben Stunde noch schlagen werde. So auch an diesem Tag. Sie deutete auf zwei Jungen, ca. neun Jahre alt und sagte hämisch: „Von denen kriegt gleich jeder Zehn auf die Finger!“ Ich sagte vorsichtig, aber energisch: „Mach doch drei für jeden, die sind doch noch klein.“ Sie willigte erstaunlicher Weise ein und motiviert von meinem kleinen Erfolgt sagte ich dann: „ Lass sie doch einfach gehen oder schimpf halt ein bisschen mit ihnen.“ Sie sagte dann etwas gereizt, ICH solle sie schlagen. Ich entgegnete schockiert und überrascht, dass ich das nicht könne und nicht wolle und dass sie wüsste, dass es für mich falsch wäre. Sie sagte aber weiter: „Einen Schlag von dir und die Jungs können gehen.“ Mir wurde auf einen Schlag ganz schlecht, weil ich wusste, dass ich diese Jungs um sie zu schützen schlagen musste. Uneingeladen besuchte mich an diesem Tag das Schicksal in sarkastischster Form und schlug mir ohne Vorwarnung der Art fest in den Bauch, dass ich nach Luft zu ringen begann! Ich fragte vorsichtig: „ Hey meine Freunde, drei von Chidimma oder einen von mir?“, die Antwort war klar und so stand ich dann vor den zwei Jungs. Mit ängstlich erwartenden Gesichtern blickten sie mich an und ich schlug jedem von ihnen einmal in die Handfläche. Beim zweiten Jungen traf ich die Hand erst beim zweiten Versuch, da ich am ganzen Leib am zittern war. Sofort nach meinen Schlägen fasste ich die Jungen am Kopf und sagte: „Sorry, sorry, I`m so sorry!“ Die zwei Schüler aber sahen mir nur lächelnd in meine Augen und sagten „Danke“ bevor sie wegrannten. Als ich zu Chidimma zurückkam fauchte sie mich an: „ Du kannst dich doch nicht noch dafür entschuldigen!“ Ich sagte nichts mehr, nahm meine Tasche und verschwand im nächsten Klassenzimmer für meine erste Stunde dieser Woche. Mein morgen, mein Tag, meine Woche war emotional am Ende obwohl ich die Jungs ja beschützt habe. Naja das nennt man dann wohl „das kleinere Übel!“

Oft rege ich mich echt über gewaltsame Bestrafungen in der Schule auf. Am meisten ärgere ich mich darüber wenn Kinder Schläge dafür bekommen, weil ihre Eltern ihnen ein bestimmtes Schulbuch nicht gekauft haben, weil einfach das Geld dazu fehlt. Die Schüler werden für Fehler bestraft, die ihre Eltern gemacht haben und für die ihre Eltern, die meistens wirklich hart dafür arbeiten ihre Kinder auf diese Schule schicken zu können, nicht das Geringste können. Einfach nur unfair für alle Beteiligten, sogar für die Lehrer, die ja ohne die Bücher nicht richtig Unterricht halten können. Die Lehrer sind aber übrigens, ganz im Gegensatz zur Schulleiterin, was diese Art von Bestrafungen angeht, auf meiner Seite. Das fiel mir, übrigens wurde ich auf diesen Vergleich von dem eben schon angesprochenen Buch „Fabian, die Geschichte eines Moralisten“ gebracht, sofort ein: Ich weiß zwar nicht wer sich den Spruch „geteiltes Leid ist halbes Leid.“ ausgedacht hat, aber demjenigen wünsche ich Arbeitslosigkeit, acht Kinder und eine kranke Ehefrau um die er sich er kümmern muss. Dann soll er sein Leid so lange durch zehn dividieren wie er will. Er wird bestimmt ins grübeln geraten und seine unqualifizierten Ausstöße von Unwahrheiten in Zukunft vielleicht zu vermeiden wissen. Acht Kinder ist hier wirklich keine Seltenheit und oft muss ich schmunzeln, wenn ich in drei Klassen Kinder sehe, die sich wirklich sehr gleichen, die Namen verraten, was der Blick vermutete, es sind natürlich Geschwister. Schlimm nur wenn ich drei Geschwister dann auf dem Hof knien sehe, wartend auf eine Bestrafung, weil keiner von ihnen das Buch für Computerwissenschaften hat, was meiner Ansicht nach in der Grundschule sowieso nicht sehr sinnvoll ist. Naja, die Kinder essen Wissen hier mit dem großen Löffel, die typische deutsche „Null-Bock-Einstellung“, die vor allem in deutschen Schulen zu finden ist und unter der ich ohne Zweifel auch einen Teil meiner Schulzeit verbracht habe, sucht man hier vergebens!

Waschen mit der Hand, eine Kunst für sich! Ich gebe mir größte Mühe diese nicht sehr spannende Notwendigkeit bestmöglich und gewissenhaft einmal die Woche zu praktizieren. Ich sitze dann hinter meinem Haus mit meiner „Spaißbitt“ (Für nicht Pündericher: ein großer Eimer den Maurer zum anrühren von Mörtel verwenden), das ist übrigens auch gleichzeitig meine Dusche und gebe mein bestes. Spätestens nach einer halben Stunde kommt aber dann immer irgendjemand und sagt sowas wie: „Lass mich dir helfen, dieses Trauerspiel kann ich mir nicht länger ansehen.“ Ich sage dann zwar immer, dass ich es ja aber einfach üben müsste, aber innerlich bin ich natürlich heilfroh über die Hilfe, die sich meistens so gestaltet, dass mein Helfer die ganze Wascharbeit macht und ich die gewaschenen Kleider nur in sauberem Wasser auswasche, ausfringe und auf die Leine Hänge. Mein häufigster Helfer ist gleichzeitig mein bester Freund: „Chukwuemeka Keneth Oha“. Er will nie etwas für seine Arbeit haben, also habe ich mir etwas Nettes ausgedacht. Ich gebe ihm immer Samstagsabends, also am Abend des Waschtags ein oder zwei Bier aus, für die er niemals Geld hätte und damit fühlt er sich pudelwohl.

Viele meiner Freunde haben mich schon verlassen. Die meisten sind „Seminarians“, werdende Priester, die nach einem Jahr „serving“, also unentlohnter Schufterei für die hier lebenden Priester, wieder zurück in die Schule zu weiteren vier Jahren Theologie zurückkehren. Meine liebsten waren bis jetzt: „Ikechukwu Steven Onhundo“ ein echt guter Kerl, Computergenie und Bierliebhaber und „Afamefune Rufus Udeh“ ein echter Freund auf den man sich immer verlassen kann. Zudem hat „Afam“ ein Talent, er kann Menschen entschlüsseln, besser als jeder Psychologe. Er wusste nach einer Woche mehr über mich als ich selber und hat mir erklärt warum ich manche Sachen mache, wie ich sie eben mache. Manchmal ein bisschen unheimlich kann ich euch sagen. Ein anderer Freund war mein Weggefährte, der jede freie Minute mit mir und für mich geopfert hat: „Chibuike Casmir Onyeali“ Super Typ, aber leider erst 15 Jahre alt, aber nichtsdestotrotz seinem Alter um mindestens fünf Jahre voraus. Er ist zurück in seine Schule nach Enugu gefahren, wo er bis Dezember bleibt und auch dann bleibt er nur eine Woche hier in Awgu. Es ist sehr Schade, dass diese guten Menschen weg sind, aber hier in Afrika dauert es immer höchstens zwei Tage bis man einen neuen Freund hat. Es gibt so viele Leute in meinem Alter und überhaupt so viele gute Menschen. „IK“, „Afam“ und „Chibuike“ sind aber keineswegs Menschen für mich die man schnell vergisst, wir stehen immer über Handy im Kontakt, obwohl sowohl im Priesterseminar als auch in der Secondary School Handys verboten sind. Diese verrückten Kerle riskieren also Hals und Kopf um mit mir zu reden,….gutes Gefühl!

Einen Freund habe ich, der nicht verschwinden wird und mit dem ich jeden Tag mit Wonne jede mögliche Minute verbringe, mein Chef „Father Stan“ Ein super Typ, Freund und Priester. Das ist echt mal ein Seelsorger, mit dem kann man echt immer und über alles reden! Ich meine mit welchem Priester redet man über Enthaltsamkeit? Erzählt von seiner eigenen im Gastland und stellt Fragen über die Abstinenz eines Priesters und wie das überhaupt zu schaffen ist. Für mich aber trotz aller Erklärungsversuche für immer und ewig ein Rätsel, wie man sein ganzes Leben verbringt ohne Frau und Kinder….ohne Familie, mein größtes bis jetzt vorgenommenes Ziel! Ich plane mittlerweile übrigens später mal Vater von mindestens vier Kindern zu werden, wenn meine Partnerin das mitmacht. Ich denke sogar schon über Namen nach.
Freudig berichte ich jetzt von Sachen, die mich stolz machen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man besser bestätigt werden kann.

Erstens: Ich wurde von einem Chief eingeladen zu ihm nach Hause zu kommen. Er sagte er würde mich zu Palmwein und Früchten einladen. Ich habe freudig zugestimmt, da es zum einen ein große Ehre ist von einem Chief eingeladen zu werden und andererseits Palmwein echt ein nettes „Gesöff“ ist. Es hat aber fast nichts mit unserem gewöhnten Wein gemein.

Zweitens: Viele Freunde und auch Vorgesetzte haben mir mittlerweile vorgeschlagen mir einen Ibonamen auszusuchen. Ich soll also einen Namen in traditioneller Sprache wählen, der unmissverständlich jedem klarmacht, wo ich herkomme. Ich werde also dazu aufgefordert endlich ganz und gar und richtig ein Ibomann aus dem Iboland in Nigeria zu werden. Ich fühle mich echt geehrt, bin mir aber noch nicht ganz über den Namen sicher. Ist gar nicht so leicht sich einen passenden Namen für sich selber auszusuchen. Ich tendiere aber zu „Nnaemeka“. Falls jemand übrigens weiß, inwieweit es möglich ist sich selber einen Zweitnamen zu geben und diesen auch eintragen zu lassen, informiert mich bitte. Es wäre für mich echt toll, wenn ich in ein paar Monaten meinen eigenen Ibonamen im Pass stehen sehen könnte.
Drittens: Bis jetzt haben mir drei Leute gesagt, sie werden mir Chiefskleider schneidern lassen und mir die Reliquien eines Chiefs kaufen. Ich werde also quasi ein Chief von Awgu. Ich fühle mich wie ein König und jetzt wisst ihr was ich an meiner Rückkehr auf dem Flughafen tragen werde.

Viertens: Am 29ten Oktober kam eine Abgeordnete des Bildungsministeriums und hat in unserer Schule eine Visite durchgeführt. Natürlich stand auch eine Lehrprobe bei dem „Onyeocha“ auf ihrem Plan. Ich war also unvorbereitet in einer fünften Klasse am deutsch unterrichten, als die relativ gut genährte Frau (ich nenne es ja immer gerne akute Lebensmittelschwangerschaft) in mein Klassenzimmer kam, sich vorstellte, mit Namen und Titel und meinem Unterricht eine Zeit beiwohnen wollte. Das gleiche passierte eine Stunde später in einer dritten Klasse beim Musikunterricht. Die Frau stand in beiden Stunden nach ca. zehn Minuten auf und lobte mich in höchsten Tönen: Ich hätte alles was ein guter Lehrer bräuchte, ich binde die Schüler gut ein und arbeite sehr gut mit Tafel, Stimme und Gitarre. Am Ende sagte sie: „ I love your style of teaching! “ Später erzählte sie meiner Chefin unter vier Augen ich sei der beste Lehrer der Schule und seit diesem Tag bekomme ich Monatlich 6000 Naira (ca. 30 Euro) für meine Arbeit, eine für euch vielleicht kleine Summe, aber für mich reicht sie für einen Monat. Tolles Gefühl und außerdem das alles ohne zu schlagen!!!! Das reibe ich natürlich jetzt jedem Lehrer so oft wie möglich unter die Nase und mein Erfolg spricht nachdem ich einen Beweis dafür habe natürlich noch mehr für sich.

Ansonsten läuft meine Arbeit so gut wie sie nur irgendwie laufen könnte. Meine Chefin ist zufrieden, die Lehrer sind mir wohl gesonnen und die Kinder haben mich glaube ich echt gern, machen gut mit und lernen auch für meine Stunden, Tests und vor allem für mein erstes Examen, was ich gerade am aufsetzten bin. Ein bisschen problematisch und stressig ist nur, dass ich zu viele Klassen, Unterrichtsstunden und Schüler habe. Ich habe alles in allem 10 Klassen wirklich regelmäßig mit allem drum und dran und dann weitere 8 Klassen immer wenn ich Muße und Zeit finde. Zusammen gerechnet habe ich ca. 450 Schüler, die Unterricht, Test und vor allem Noten haben wollen. Viel Arbeit, sowohl an Vorbereitung für Unterricht und Test, als auch an Unterricht an sich. Die anderen Lehrer bezeichnen mich manchmal als richtiges Arbeitstier. Da bleibt oft aber leider wenig Zeit für die wunderbare afrikanische Gelassenheit, die ich in meinem ersten Monat hier so sehr genossen habe.

Lasst mich jetzt ein weiteres Mal etwas zu der „Straßenbau-Zerstörung“ sagen, die jetzt auch mein Dorf passiert hat. Ich halte mich auch kurz und rege mich nur kurz über Kleinigkeiten auf. Ich möchte euch ja nicht damit langweilen! … Die Penner haben meine Wasserleitung zerstört, dass heißt konkret für mich, ich gehe jeden Tag zum kleinen, wirklich sehr kleinen Bach um mir ein bis zwei Eimer Wasser zum waschen zu hohlen. Stressig, aber ich bin zuversichtlich, dass bald eine neue Leitung gebaut wird, ich wohne ja im selben Haus wie die Priester. Die kümmern sich drum. Irgendwie ist es aber auch cool es genauso zu machen, wie die Leute hier und die Menschen, die auch zum Bach kommen um Wasser zu besorgen, stellen sich als sehr gute Gesprächspartner heraus. Desweiteren haben die Säcke meinen liebsten Erdnussstand zerstört. Der Stand hat so richtig zu meinem Tagesablauf gehört, jeden Tag nach der Arbeit hatte ich mir da ein paar Erdnüsse gekauft. Naja ich habe schon einen neuen Stand, aber die Mama die da verkauft ist nicht meine Freundin so wie die alte und außerdem nicht sehr gesprächig … passt schon, Erdnuss ist Erdnuss!

„No risk, no fun“, einfach wie Schach … oder ist das dann doch nicht so witzig?

Ich dachte meine Grenzen zu kennen: Bei Dunkelheit nie alleine. Gehe nie irgendwohin, wo du noch nie warst. Etc. Simpel wie ein Kinderbuch, aber doch komplex, eindeutig und plausibel wie Schach. Die einzige Voraussetzung: Man kennt Schach. Ich durfte neue Grenzen finden und zu verstehen lernen. Freitag. Abend. Ich esse im Bischofshaus und mache mich dann mit Emeka, auf den Weg zu einer Kneipe. „Inland Filling Point“ heißt der Schuppen, der mir immer vertrauter wird, indem der Wirt jedes Mal wenn ich komme Jonny Cash spielt, weil er nicht weiß, dass Deutschland nicht in Amerika liegt. Ich nehme es als Kompliment auf, da er mir damit ohne Zweifel einen Gefallen tun möchte und das auch tut. Ich liebe Jonny Cash! Es ist schon fast eine Zeremonie, ich komme mit Emeka rein, wir setzten uns und haben nach wenigen Sekunden zwei „Star“ vor uns (Meiner Meinung nach das beste Lager Beer Nigerias, 0,6 Liter, 5,2 Prozent, 170 Naira = ca. 0,85 Euro). Es zahlt jedes Mal ein anderer, eine Kultur und eine tolle Angewohnheit, die unmissverständlich klarmacht, wen man zu seinen Freunden zählt. Eine einfache und klare Art sein Vertrauen auszudrücken.

Wir trinken reden und nach dem Zweiten machen wir uns auf den Heimweg. Auch an diesem Abend. Ein anderer Freund „Moses“ fuhr mich danach mit seinem Moped nach Hause, obwohl es höchstens 500 Meter sind. „Vorsicht ist besser als Nachsicht“ ein Spruch den ich häufig zu hören kriege. Ich bedanke mich, steige ab, klopfe an das Eisentor, der Wächter öffnet, ich gehe über den Hof, von oben höre ich Stan schon „Bekee“ rufen was neben „Onyeocha“ und „Ouigbo“ auch „Weißer“ bedeutet. Er fragte wo ich gewesen wäre, ich antwortete: „ Ich hasse schreien, warte ich komme hoch.“ Ich trete in den Raum, indem die Priester und ich regelmäßig die englische Liga verfolgen. Eine merkwürdige, unangenehm stille Atmosphäre liegt im Raum, als hätten alle vier anwesenden Priester auf mich gewartet, was mir mehr als unwahrscheinlich und völlig sinnlos vorkam, es war ja erst zehn Uhr. Ich war den Fragen unterlegen und mit 1,2 Litern Bier im Bauch auch nicht bestens gerüstet um mich auf Englisch charmant auszudrücken, was es normalerweise jedem schwer macht, mir etwas übel zu nehmen. Ich hörte mir an was Stan zu sagen hatte: „Wo warst du? Mit wem? Warum so spät?“, aber trotz der komischen Stimmung sagte er es in einem Ton, der mich als ebenbürtig und als akzeptierten Gesprächspartner respektierte. Ich fühlte mich nicht wie ein Kind, das erzogen wird, sonder wie ein erwachsener Mann, den man warnt! Ich verstand zuerst nicht ganz, was das Problem sei.

Wie gesagt, es war zehn Uhr, ich war nicht alleine unterwegs gewesen und auch hatte ich nicht zu viel getrunken. Als ich saß und mich akklimatisiert hatte, sagte ich vorsichtig, aber mit fester Stimme: „ Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, wenn ich zum filling point gehe, aber ich war ja nicht alleine und es ist ja auch erst Zehn und ich kam auch schon später zurück.“ Ich versuchte ihm zu erklären, dass ich doch jetzt wisse, worauf es beim Schach ankommt. Stan erklärte mir weiter, dass es auf die Wahl zugeht, die im Januar stattfinden wird und dass ein verrückter Parteianhänger, mit einer Pistole oder einem Gewehr, zu einem gefährlichen verrückten Parteianhänger werden kann, vor allem wenn er getrunken und/ oder womöglich noch andere Rauschmittel zu sich genommen hat. Ich ertappte mich nachträglich dabei, dass ich die Sorge auf Seiten der Priester also meiner Verantwortlichen zum ersten Mal als übertrieben einschätzte. Ich nickte zustimmend und war über mich selber unzufrieden, weil ich, trotz meiner Zeit hier, oft noch nicht den ganz verstehe und sehe, wo potentielle Gefahren liegen könnten und weil ich zum ersten Mal als es um diese große Thema Sicherheit ging dachte, das weiß ich besser.

Mir wurde wieder klar, dass ich zwar „Schach“ jetzt kannte, aber dass ich andererseits noch lange nicht zu den erfahrenen Spielern gehöre. Danach erschreckte ich mich, als ich vor Augen geführt bekam, wie gut mich father Stan schon kennt. Er sah, dass ich traurig war und dass ich mich in diesem Moment nicht wohlfühlte. Er enttarnte mein falsches Lächeln, welches meine Stimmung eigentlich überdecken sollte und sagte abschließen bevor ich in mein Zimmer ging: „ Ich bin dir nicht böse Steph, ich wollte es dir nur sagen.“ Durch diesen Satz zauberte er wieder ein echtes Lächeln in mein Gesicht. Ich verabschiedete mich mit „ ka chi fu“, was so viel bedeutet wie „schlaf gut, bis morgen“ und widmete mich wieder der „Jagd auf roter Oktober“ Ein tolles Buch, was mich mit seiner fesselnden Spannung in den Tagen davor und ein paar Tage danach, wenn ich Zeit dazu fand auf trapp hielt. Die Devise ist klar, ich muss zusehen, den Spaß bei kleinstmöglichem Risiko so groß wie möglich zu halten, was aber kein Problem sein wird, da father Stan und ich uns darauf einigten, dass ich nach acht Uhr nicht mehr draußen rumtreibe. Dass heißt auf gut deutsch: Zu Hause vor Ladenschluss und denke über jeden Zug, egal mit welcher Schachfigur, gut nach!

„Malaria, welcome to Africa!” Das war die Antwort die ich bekam, als ich zu Father Stan auf dem Weg zum Krankenhaus sagte: „Wie schlimm ist es und wann bin ich wieder gesund?“
Ich bin jetzt ein echter Afrikaner, ich hatte schon mal Malaria! Ich wünsche es wirklich keinem, aber wenn man schnell behandelt wird, ist es keine große Sache. Lasst mich den Verlauf der Krankheit für euch zusammenfassen, damit ihr einen kleinen Einblick in die Symptomatik dieses echt fiesen Tropenfiebers bekommt. Midtermbreak, das heißt eine Woche Schulfrei für die Schüler und mich. An Allerheiligen gab es aber noch eine Messe für alle Schüler und Lehrer des Bistums in der hiesigen Kathedrale. Ich kam also um neun Uhr in die Schule und um halb zehn gingen alle zusammen los. Die Schüler trugen ihre Uniformen und ich trug die Verantwortung. Im Großen und Ganzen war das auch, abgesehen von weinenden Kindern und einem Fall von Nasenbluten bei einem 2 Jahre alten Mädchen, alles was ich an diesem Tag zu leisten hatte, also spannte ich mental wirklich aus….Urlaub! Ich fühlte mich bestens als ich um ca. vier Uhr nachmittags zurück in mein Zimmer kam. Ich zog die Kopfhörer auf, hörte Musik und relaxte ein bisschen, es war ja doch ein heißer Tag gewesen.

Nach ca. 15 Minuten fing alles an sich zu drehen, mir war eiskalt und heiß, ich schwitze beim zittern! Ich wurde innerhalb von vielleicht fünf Minuten müder als ich es je zuvor gewesen war. Ich lies mich komplett angezogen in mein Bett fallen und schlief ein. Zwei Stunden später wachte ich auf und dachte, ich sollte jetzt aufstehen und essen gehen. Als ich aber versuchte mich zu bewegen, war es als hätte mich jemand in der Zeit meines Schlafes unbemerkt am Bett festgebunden. Alles was ich konnte war mich im Bett hin und her rollen. Ich habe mich noch nie so schwach gefühlt. Ein beklemmendes und ohnmächtiges Gefühl. Ich wollte Stan anrufen und ihn fragen was ich machen sollte, aber mir fehlte die Kraft mein Handy vom Schreibtisch zu holen, wie gesagt ich konnte mich wirklich nicht bewegen! Ich schlief nach Stunden des verbrennenden Erfrierens unter Fieber, Kopfweh und echt schweren Schmerzen in allen Teilen meines Körpers, wieder ein. Die folgende Nacht war erfüllt von krassen Träumen, vom Aufwachen, den Schweiß am Kopfkissen abwischen, sich wieder richtig zudecken, frieren, schwitzen und wieder einschlafen. Ich dachte manchmal ein bisschen verzweifelt: „ Wie soll ich damit fertig werden.“. Es fühlte sich echt richtig bitter an!

Am nächsten Morgen gegen neun weckte mich Stan, ich hatte meine Kraft wiedergefunden, öffnete ihm, gab ihm eine Colanuss setzte mich verschlafen auf mein Bett und antwortet auf die Frage, wie es mir ginge, mit den gleichen Sätzen, die ich euch gerade geschrieben habe. Stan sagte unbeeindruckt: „Bleib ruhig, wie fühlst du dich jetzt? Die nächsten Tage machen wir einen Malariatest.“ Mir ging es erstaunlich gut an diesem Morgen Ich hatte, wie schon bemerkt, meine Kraft wieder und es war wenig von Kopfschmerz oder Fieber zu spüren. Nachdem ich meine Kleider gewaschen hatte (zwar nur die Weißen aber diesmal wirklich alleine, ich bin stolz drauf ) ging ich zum Bischofshaus um zu essen. Schon auf dem Weg hatte ich Probleme das Gleichgewicht zu halten, wurde wieder todmüde und das einzige was mich weitergehen lies was die Gewissheit im Bischofshaus einen Stuhl zu finden auf dem ich würde ruhen können. Endlich erreichte ich den Tisch mit Essen und Wasser. Ich war nass geschwitzt. Nach dem Essen traf ich Stan und fragte, wann es möglich wäre den Doktor zu sehen, es ginge mir wieder schlecht. Er zückte sein Handy, telefonierte und sagte: „Let`s go, the doc has time.“ Erstaunt aber glücklich schleppte ich mich ins Auto und als wir das Krankenhaus erreichten und der Test fertig war, drückte mir der Doktor sieben verschiedene Tablettentypen in die Hand, die ich alle die nächsten Tage regelmäßig zu schlucken hatte. Ich war erstaunt, aber auch glücklich wie schnell das alles ging und unmittelbar nach einer Spritze in meinen Allerwertesten fühlte ich mich schon etwas besser. Als ich zurück in mein Zimmer kam schluckte ich die erste Ladung des Medizincocktails und am abends ging es mir schon wieder wirklich ganz gut.

In der folgenden Nacht war von Hitze nichts zu spüren, ich deckte mich ungefähr so zu, wie man es in Deutschland in wirklich kalten Winternächten macht und das in Nigeria, bei über 25 Grad, nachts! Ich zitterte und fror trotz aller Bemühungen die ganze Nacht hindurch und hatte einen sehr unruhigen Schlaf, der wieder mit unangenehmen Fieberträumen gewürzt war. Am nächsten Morgen war es als hätte ich fünf Tage nicht geschlafen! Ich war so extrem schwach, dass ich erst nach zwei Stunden des Wachseins aus meinem Bett steigen konnte. Ich schleppte mich wieder zum Bischofshaus, aß, schleppte mich wieder zurück in mein Zimmer, nahm die Medikamente und schlief wieder ein. Gegen Mittag besuchte mich Chibuike, er war aus der Schule zurück, ich war überrascht und glücklich, konnte meine Freude aber leider nicht wirklich gebührenden Ausdruck verleihen. Nach dem Öffnen der Tür nahm ich meine Medikamente und fiel zurück in mein Bett, es war schon Nachmittag geworden. Ich wechselte im Halbschlaf murmelnd ein paar Worte mit ihm und als er mich um ca. halb sechs abends mit den Worten: „Ich gehe nach Hause, ich habe Hunger.“ Weckte, hatte er mein komplettes Zimmer aufgeräumt und alle meine Kleider gewaschen, ein Bärendienst, da sich meine sauberen Klamotten dem Ende zuneigten und ich in den folgenden Tagen nicht in der Lage gewesen wäre diese Arbeit zu verrichten. Ich ging mit ihm und wir aßen, obwohl das was ich tat mit „Im Essen herumstochern“ besser betitelt wäre. Ich hatte null Appetit und als ich später zurück in mein Zimmer kam war der restliche Tagesablauf schon klar. Medizin, Zähneputzen, dann schlafen.

So geschah es auch und die Nacht gestaltete sich besser als gedacht. Als ich bemerkte, dass ich unter den dicken Decken schwitzte war mir klar ich würde mich auf dem Wege der Besserung befinden, mein Körper hatte zumindest die Fähigkeit Temperatur richtig wahrzunehmen zurück. Der Morgen des dritten Tages hielt, was die Nacht des zweiten Tages versprochen hatte, es ging mir wirklich wieder ganz gut. Ich hatte zwar immer noch Kopfschmerz und Rückenweh, aber mein Fieber war beinahe weg und meine Power erfüllte langsam wieder meinen Körper. Ich war noch glücklicher in meinem Bad fließendes Wasser vorzufinden, dass hieß für mich duschen. Ich duschte also zum ersten Mal seit ca. 4 Wochen und es tat wirklich gut, es war als würde ich einen Teil der Malaria abspülen und als ich fertig mit der ganzen Körperhygiene war, hatte ich sogar die Kraft mein kleines Badezimmer zu wischen. Mein Zimmer war also ganz und gar wieder in Topzustand. Es vergingen weitere Tage in denen die Beschwerden weniger, die Schmerzen seltener und die Nächte so wie die Tage wieder heiß und anstrengend, aber normal und fast Fieber- und Kopfschmerzfrei verliefen. Ich bin wieder fit und sehr froh drum, aber es war ein Erlebnis! Ich musste übrigens in dieser Zeit morgens 9, mittags 5 und abends 10 Tabletten schlucken. Bitte keine Sorgen machen, mir geht’s wirklich wieder bestens! …… Ein hoch auf die Medizin! Man fühlt sich trotz aller Strapazen wie ein richtiger Abenteurer und ich bin sicher, dass ich meinen Enkeln noch die Geschichte davon erzählen werde, wie ihr Opa 2010 in Nigeria Malaria hatte.

Vielleicht noch ein paar Sätze zu meinem aktuellen Aussehen. Ich habe ein bisschen abgenommen, was aber nicht daran liegt, dass das Essen nicht schmeckt oder ich zu wenig bekomme, ganz im Gegenteil. Die Portionen sind so riesig, dass man nach einem Frühstück manchmal mittags nicht auch nur den Ansatz von Hunger empfindet. So lasse ich ab und zu das Frühstück oder gegebenenfalls Mittagessen oder Abendessen aus. Im Großen und Ganzen habe ich aber abgenommen, weil ich es wollte. Mein Bauch erinnerte mich irgendwann zu sehr an den eines 60 jährigen, der abends mal gerne in eine Wirtschaft geht. Ich wollte also ein paar Kilo verlieren und das habe ich getan. Desweiteren, wachsen meine Haare. Ich kann sie jetzt schon zusammenmachen. Gefällt mir gut und in diesem Zustand eignen sie sich gut zum flechten. Im Moment sind sie nicht geflochten, aber ich glaube, das werde ich in den nächsten Tagen wieder ändern. Meinen Kleiderschrank zieren jetzt schon zwei traditionelle Kombinationen aus Hose und Oberteil, auf die ich sehr stolz bin und es werden noch weitere folgen!

Mein Freund Matthias, der sich zurzeit in Ghana befindet, hatte mir geschrieben oder gesagt, das weiß ich nicht mehr ganz so genau: „Hey Steph, Ich hatte wirklich viel zu viel erwartet und alle Erwartungen wurden übertroffen!“ Diese Meinung möchte ich jetzt abschließend mit ihm teilen.

Bei Fragen, Beschwerden, Anregungen oder einfachem Redebedarf, meine Nummer ist: 002348080815772. Wählt aber am besten 01035 vor. Das ist zum einen eine Billigvorwahl und zum anderen die einzige die wirklich funktioniert. Manchmal muss man es aber auch mehrmals versuchen, es sind ja immerhin über 6000 Kilometer! Oder auch per 
Abschließend möchte ich mich bedanken, bei allen, die an mir, meiner Arbeit, Zeit oder meinen Rundbriefen interessiert sind, mir dieses mit tollen E-Mails bestätigen und mich damit ideell unglaublich stützen. Ich finde es toll, dass meine Rundbriefe mittlerweile auf zwei Internetseiten (der Pünderich Homepage und im SoFiA-Blog) zu lesen sind und sie sogar im Lehrerzimmer meiner alten Schule aushängen. Danke dafür an Götz Burger und Evelyn Boos. Danke ganz besonders an meine Kollegen. Eure Rundbriefe begeistern mich und bei jedem neuen, würde ich am liebsten jedes eurer Länder und Projekte mal ausprobieren! Außerdem gibt es kaum jemanden, der mich auf Grund von ähnlichen Umständen so versteht wie ihr.

So, genug der Schmalzerei, ich will ja schließlich zum Ende kommen, also beendet jetzt den Brief genauso wie ich, mit den letzen paar meiner Zeilen…
Meine Kerze brennt aus und damit löscht sich auch das letzte Licht für diesen Tag. Das war es wieder und natürlich hoffe ich es hat euch wieder gefallen. …bla, bla, bla!
Mit gewohntem Gruß verabschiede ich mich wieder von euch und wünsche euch und mir weiterhin eine schöne Zeit, wo immer ihr euch auch befindet. Meine Leute zu Hause und meine Freunde und Kollegen in der ganzen Welt. Von Nepal bis Bolivien, von Malawi bis Frankreich. Eine gute Zeit euch allen und lasst das Leben weiter auf euch regnen!

„Auf ein Wiedersehen in der Heimat“
Der Onyeocha aus dem tropischen Palmwald
Euer Steph

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